Wildkräuter als Notnahrung – ein Test

/ Krisenvorsorge

Ein aktueller Trend in der Prepperszene ist es, sich Bücher zu besorgen mit dem Wissen um essbare Wildpflanzen. Der Büchermarkt boomt und es gibt viele Kurse und Wildkräuterführungen. In den wenigsten davon wird allerdings erwähnt das es nicht ratsam ist sich die Wildpflanzen (weder gekocht und schon gar nicht roh) als Ernährungsbasis einzuverleiben.
Als Nahrungsergänzung sind Pflanzen wie Brennnessel, Löwenzahn, Melde, Baumspinat, Giersch, Bärlauch,…. ein sehr wertvoller Zusatz. Die Betonung liegt aber auf Ergänzung und nicht auf Nahrung.
Ein einfaches Beispiel: die Brennnessel liefert viele wertvolle Dinge, allem voran erstaunlich viel Eiweiß (75 Gr. auf ein Kilo Brennnessel), dabei aber nur 420 Kalorien bei einem Kilo. Für einen Tagesbedarf von 2000 Kalorien müssten wir also 5 Kg Brennnesseln verspeisen (da spielt der Darm allein aus Kapazitätsgründen nicht mehr mit).
So ganz nebenbei würden wir so um die 1500% unseres täglichen Bedarfs an Eisen und Mangan zu uns nehmen. Von dem 15.000 fachen Gehalt an Vitamin C ganz zu schweigen. Gut, da wir die Brennnesseln kaum in der Menge Roh verzehren würden, sollte der Großteil des Vitamin C beim Kochvorgang zerstört werden.
Ich denke ihr seht aber schon worauf ich hinaus will. Die Wildkräuter, die in kleinen Mengen wertvolle Ergänzung des Speiseplans sind, sind komplett ungeeignet um sich davon zu ernähren, schon gar nicht wenn man hier in Europa mit einigermaßen Gesellschaftskonformer Nahrung aufgewachsen ist.
Jetzt kommt gleich der Einwand: „aber es gibt ja auch Beeren und Obst und Nüsse zu finden im Wald“. Ja, klar!
Nachdem ich nicht zu den Leuten gehöre die einfach für ihren Blog irgendwas aus dem Internet abschreiben sondern nur Eigenerfahrung weitergebe habe ich den Versuch gemacht mich Primär saisonal aus dem eigenen Garten ernähren, das klingt doch gleich viel zivilisierter und umsetzbarer als auf der Wiese grasen oder nicht?
Aktuell sind Brombeeren reif und viele schöne Äpfel im Garten. Das sollte doch für Survival light super geeignet sein – oder?
Als weitere Erleichterung habe ich mir sogar vergönnt täglich  ein Kilo Äpfel als Apfelstrudel zuzubereiten, ein gutes Kilo Brombeeren roh zu verzehren und dazu noch drei Eier und ein paar Scheiben Knäckebrot mit Frischkäse. Die Variante von Krisenversorgung durch Ernte aus dem eigenen Garten mit ein paar, sparsam verwendeten Vorräten. So, wie man es vermutlich auch in einer Notlage tun würde.
Nach einigen Tagen bekam ich klares Feedback – vom Darm….
Eine, bewusst erst hinterher, recherchierte Nährwertanalyse ergab eine Abdeckung der empfohlenen Ballaststoffe mit 220% alleine durch ein Kilo Brombeeren. Vitamin C 170% und das ganze mal gerade bei 300 Kalorien für die Beeren.
Das Problem bei den ganzen essbaren Wildkräutern (und auch Beeren) ist der sehr geringe Kaloriengehalt wegen dem man sehr große Mengen davon essen müsste. Damit nimmt man unweigerlich ein viel zu viel an bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen auf.
Die Erkenntnis meines kleinen Experimentes lässt sich für mich eindeutig zusammenfassen in: „lieber im Ernstfall einige Tage oder sogar Wochen Fasten als den Darm mit Dingen aus der Fassung zu bringen die er nicht gewohnt ist“. Wenn der Darm mit heftigem Durchfall reagiert ist alles an aufgenommener Nahrung wieder weg und wenn Trinkwasser auch noch knapp ist kann die Dehydrierung sehr schnell in einen gefährlichen Zustand bringen.
Kohletabletten, sauberes Trinkwasser, Schonkost und, im Idealfall vorhandene, Darmbakterienpräparate sind dann nötig um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Wer hat den Luxus in einem echten Krisenfall mit Versorgungsengpässen?
Im Ernstfall kann der Glauben in: „Die Natur wird mich ernähren“ der letzte Irrtum gewesen sein..